Eigentlich ist es nicht meine Art mich politisch in der Öffentlichkeit zu äußern, das hat einen guten Grund, ich bin der Meinung politische Debatten und Diskussionen will ich in einem persönlichen Gespräch führen. Es ist also nicht so, dass ich mich nicht für Politik interessiere, ganz im Gegenteil. Doch dieses Thema hier zwingt mich förmlich dazu es zu tun, meine eigenen Grundsätze über Bord zu werfen. Denn das hier geht uns alle an:
Warum ist das so schlimm? Warum zählt das Argument „Ich habe doch nichts zu verbergen“ nicht?
Nun ganz einfach, ich nehme bewusst ein provokantes Beispiel, das zudem aktuell ist und es verdeutlichen soll. Mit den neuen Möglichkeiten die nun geschaffen wurden, wird es den Staatsmächten möglich sein jeden einzelnen Bundesbürger zu überwachen, nahtlos und ohne eine Chance sich dagegen zu wehren, selbst wenn man es nicht möchte. Das bedeutet unter Anderem, dass unsere Freiheit und damit die Möglichkeit zur Demokratie (denn die funktioniert nur mit Freiheit) nicht mehr vorhanden ist. Es ist nun eben nicht mehr möglich auf einer Demonstration unerkannt mitzugehen, egal um welches Thema es geht. Und dabei muss die Polizei nun nicht einmal mehr „vor Ort“ sein um deine Personalien festzustellen, sie schauen einfach in die gesammelten Daten und wissen genau wer auf der entsprechenden Demonstration war und wer nicht. Einfach so. Mit einem Mal kann ich mich eben nicht verweigern um meine Daten preisgeben zu müssen, sie kennen sie schon.
Die augenscheinliche Begründung für dieses Gesetz ist unterdessen ein anderes Schwere Straftaten. Was ist das eigentlich? Nun fragen wir die Politiker, dann werden sie offenkundig sagen hier geht es um Mord, Raubüberfälle, vielleicht Entführungen und natürlich die Organisierte Kriminalität, gerade im Zusammenhang mit dem Cyberwar, nahezu perfekt passt dieses Bild in das eigentliche Schema. Dann schaue ich mir die Aufklärungsquote an:
Und was sagt mir das? Die meinen ganz sicher NICHT schwere Straftaten, denn die werden im Schnitt mit weit über 90% aufgeklärt. Und da fehlt nun nur noch der Terror, den will ich auf keinen Fall vergessen, mal im Ernst gefragt: Warum sollte jemand, der einen Terroranschlag plant, ein Handy dabei haben? Das hat er unter Garantie nicht, denn es macht keinen Sinn. Und selbst wenn er eines dabei hat, dann sicherlich nicht eines das die Polizei schon kennt. Die Aufklärung ist also wirklich minimal besser, zudem sich bei einem Terroranschlag die Täter bekennen (welch Ironie, man muss sie gar nicht ermitteln, die sagen das sie es waren), denn nur dann macht ein Terroranschlag Sinn. Das ist doch paradox, jeder weiß es und doch stört es kaum jemanden. Und nach jedem Terroranschlag war bisher auch ohne Vorratsdatenspeicherung eines schnell klar, wer die Attentäter waren und vieles mehr. Damit ist weiterhin eines nicht nur fragwürdig, sondern ganz sicher, die Vorratsdatenspeicherung hat einen völlig anderen Zweck: Die totale Überwachung! Das wiederum wollen nur TOTALITÄRE Systeme.
Was also ist es dann, was die Politik anstrebt? Schauen wir uns doch lieber mal die Gründe an, die für eine solche Überwachung sprechen würden, und Beispiele dafür. Hier zuerst einmal ein Beispiel für die Internet-Sperrlisten aufgrund von Kinderpornografie, das dies zum Thema passt, werden sie gleich danach verstehen:
Zensur einer kritischen Webseite in Finnland
Jeder, und da stimme ich voll mit überein, würde doch zuerst einmal sagen, es ist gut, wenn man gegen Kinderpornografie vorgeht. Genauso wie es doch vollkommen richtig ist gegen den Terror vorzugehen. Und ja das ist es. Es ist nicht nur gut, es ist wichtig, es ist ein Zeichen, wenn sich ein Staat für die Rechte von Kindern einsetzt, so eben auch in Finnland. Man hat sich dazu entschieden (wie Übrigens auch in der BRD) einen Filter vorzuschalten. Was heißt das nun? Nun wenn ich eine Webseite eingebe, die auf der Liste ist, dann wird sie mir schlicht nicht angezeigt. Im Übrigen, die Seite ist deswegen nach wie vor da und noch viel schlimmer unsere Polizei weiß das sie da ist. Doch mit dem Filter denkt man schon genug getan zu haben. Das Wort Filter sagt es ja schon an sich selbst. Wenn ich schmutziges Wasser filtere, dann ist der Schmutz immer noch da, nur auf der anderen Seite des Filters. So ist es auch mit diesem Thema, der Schmutz ist noch immer da, nur auf der anderen Seite des Filters. Es ist also so, dass sich keiner unserer Politiker wirklich dafür einsetzt, dass dieses Zeug wirklich verschwindet. Und das heißt im Klartext unseren Politikern sind die Rechte der Kinder egal, sowas von, denn die haben ja noch nicht mal eine Stimme wenn es am Wahlsonntag an die Urne geht.
Wenn nun aber jemand Kritik an der Regierung übt auf einer Webseite, wie in Finnland geschehen, dann kann es eben auch mal passieren, dass diese Seite auf diese Filterliste kommt. Das heißt unsere Meinungsbildung, die Möglichkeit sich eine eigene Meinung zu bilden aufgrund aller zur Verfügung stehenden Informationen, wurde eingeschränkt, so geschehen in Finnland. Darüberhinaus wird eben auch uns die Möglichkeit genommen, die eigene Meinung zu äußern. Wer also sagt „Ich hab doch nichts zu verbergen“, der mag damit ja auch Recht haben, doch die eigene Meinung, würde ich nicht mehr so einfach kundtun. Wenn nun jemand denkt Das kann doch bei uns nicht passieren! dann frage ich nur Warum? Weil wir ein Rechtsstaat sind und Organe haben die solche Dinge kontrollieren und überwachen? Dann frage ich allen Ernstes, wie konnte sowas passieren:
Artikel in der Welt zu einem BND Skandal
Bewusst, absichtlich wurde hier gegen deutsches Recht, gegen ein Grundrecht, verstoßen. Keiner hätte das vermutlich für möglich gehalten, keiner hätte auch nur annähernd geglaubt, dass Nachrichtendienste sich nicht an die Regeln des eigenen Staates halten. Sie sollten eigentlich ihre eigenen Bürger schützen, die Rechte ihrer Bürger verteidigen, doch das tun sie eben nicht. Sie treten die Bürger mit Füßen und den Rechtsstaat, ebenso wie die Demokratie oder so etwas wie Menschenrechte.
Und nun sind wir alle verdächtig. Gut, wenn man sich diverse Allmachtsfantasien der Polizei so anschaut, zum Beispiel schon 1992:
Artikel der Zeit zum Lauschangriff 1992
Nun mal im Ernst, so 23 Jahre später, wer hat davon gehört, dass es das Organisierte Verbrechen nicht mehr gibt? Welche gigantischen Verhaftungswellen sind denn passiert? Keine? Oh. Das zeigt doch, dass es auch damals nicht um das Organisierte Verbrechen ging, sondern um etwas anderes. Und diese These werde ich gleich aufstellen.
Damals war Christian Wulff Bundespräsident, wir schreiben das Jahr 2010, Christian Wulff sieht ein Risiko für die Demokratie:
Artikel Merkur Politik Verdrossenheit
Natürlich ist das, auch wieder, vorgeschoben?! Ich denke schon, denn die Ursachen für eine Politik Verdrossenheit sind andere als der Glaube (oder die Hoffnung) an eine Demokratie. Mein zweiter Gedanke ist aber, wenn ich mir nicht mehr sicher sein kann, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter mir steht, dann sollte ich schon jetzt anfangen Material über diese Menschen zu sammeln, wer weiß wann ich das einmal gebrauchen kann. Zu paranoid? Keineswegs.
Die Gründung des MfS ist als Beispiel, da jüngere deutsche Geschichte, sicherlich ganz brauchbar. Was unterscheidet das MfS denn noch vom BND? Ist es noch soviel? Hält sich der eine Dienst an all die Rechtsstaatlichen Vorschriften und der andere (MfS) hat das nicht getan? Weiter oben hatte ich ja schon zwei Webseiten verlinkt, die zeigen, dass der BND nicht so viel besser als der MfS ist. Und vermutlich ist der BND noch schlimmer. Denn man benötigt im Gegenteil noch nicht einmal mehr die IMs, denn die Menschen haben in der digitalen Welt sich selbst so weit veröffentlicht, dass nur noch diese Daten gesammelt und analysiert werden müssen. Und natürlich benötigt man blinde, um nicht zusagen ahnungslose und naive, Politiker die einem solchen Gesetz zustimmen.
Und zu welchem Zweck? In unserem Land leben etwas über 80 Millionen Menschen, jeder von ihnen ist ein Krimineller, der bereit ist schwere Straftaten zu verüben, das sagt die Vorratsdatenspeicherung aus. Nicht mehr, nicht weniger. Genau das. Und was gedenken sie zu tun? Sie haben natürlich die Möglichkeit zu entscheiden. Auch wenn sie es nicht ahnen. Nur bis zum Zeitpunkt, an dem sie die Wahl haben (Bundestagswahl 2017 im Herbst), ist die Vorratsdatenspeicherung Alltag, niemanden interessiert es mehr, gebracht hat es selbstverständlich auch nichts. Und den Beweis, dass sie etwas gebracht haben könnte, wird uns die Politik, ebenso wie die Staatsorgane die sie nutzen und einsetzen, sicherlich nicht zeigen, denn so offensichtlich wollen sie uns dann doch nicht belügen. Daher rate ich ihnen sich einen Merkzettel zu machen, einen Eintrag in einen Terminkalender, schreiben sie sich einen Zettel und legen sie diesen in ein Kuvert. Schreiben sie sich auf, dass sie GEGEN die Vorratsdatenspeicherung sind und das sie dann, im Herbst 2017, kein Kreuz bei den beiden Parteien machen, die dieses Gesetz mit so großer Mehrheit durchgesetzt haben. Machen sie ein Kreuz bei einer der Parteien, die dagegen waren. Auch wenn sie ansonsten nicht für deren Programme sind. Aber entscheiden sie mit, dass sie für die Demokratie sind, dass sie für die Meinungsfreiheit sind, dass sie für die Grundrechte dieses Landes einstehen, auch wenn sie von den großen Volksparteien mit Füßen getreten werden. Seien sie nicht feige und gehen sie zur Wahl. Denn die Stifte dort sind zum Glück nicht digital und Wählen ist ihre Chance zu zeigen, dass sie mit der Aufweichung unserer Grundrechte nicht einverstanden sind. Tun sie etwas!
Denn dies ist meine Botschaft, tun sie etwas. Tun sie es für sich. Bevor ihre Rechte weiter eingeschränkt werden.
Zu guter Letzt: Warum machen die das eigentlich? Nun ich denke der Klassiker von Orwell sollte in Erinnerung sein, ich hoffe sie haben 1984 in der Schule gelesen, wenn nicht, dann hoffe ich sie haben es privat getan. Das ist der lapidare Grund. Rechtzeitig dein Leben kontrollieren, bevor du nicht mehr kontrollierbar bist. Und dafür sorgen, dass alle daran zweifeln, dass du einfach nur ein freiheitsliebender Mensch bist, der nicht alles in der Öffentlichkeit sehen möchte und schon gleich gar nicht, wenn es dazu dient seine Freiheit einzuschränken.
Vielleicht noch zwei Artikel aus den Menschen- und Bürgerrechten der französischen Nationalversammlung vom 26. August 1789:
Artikel 12
Die Gewährleistung der Menschen- und Bürgerrechte erfordert eine öffentliche Gewalt; diese Gewalt ist also zum Vorteil aller eingesetzt und nicht zum besonderen Nutzen derer, denen sie anvertraut ist.
Artikel 16
Eine Gesellschaft, in der die Gewährleistung der Rechte nicht gesichert und die Gewaltenteilung nicht festgelegt ist, hat keine Verfassung.
Nach Artikel 16 hat die BRD heute keine Verfassung mehr. Und Artikel 12 zeigt, dass die öffentliche Gewalt längst nicht mehr zum Vorteil aller eingesetzt wird. Das zumindest habe ich weiter oben ja schon mehrfach gezeigt.
Menschen- und Bürgerrechte existieren also nicht mehr. Einen schönen Tag noch.
Kleiner Nachtrag: Dies ist kein politisches Blog, ich beschäftige mich persönlich und privat durchaus mit Politik, dennoch wird dieser Eintrag der Letzte seiner Art sein, außer die Gewalten einiger Behörden brechen nun über mich herein, aber so paranoid will ich mal nicht sein.